Meran – Vineta
Die Nacht ist finster, ohne Stern und Mond.
Jetzt schläfst du, Stadt, auf tiefem Meeresgrund,
vom Trollenvolk Ertrunkner bloß bewohnt;
und ist in deinem Reich kein andrer Mund,
als der dem Schrei der Geisterstunde front,
dem Erzschrei, der aus Tor und Pforte rund
die Toten wirbelt, blinden Auges und
der Spanne durstig, die der Schemen schont.
Hoch droben übern Spiegel zieht ein Boot....
Das Ruder ruht. Und eine Stimme bebt:
Horch, Herz, da drunten läutet jetzt der Tod...
Da fühl ich, wie mein Sinn dem Graun entstrebt –
Ich reiße los mich von Vinetas Not
und sage laut: Doch dein Geliebter lebt!
Christian Morgenstern
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